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von Juliane Cassedy

Andrew Sean Greer: "Die erstaunliche Geschichte des Max Tivoli"

Es gibt viele Gründe, warum man ein Buch liebt. Mag sein, dass einfach die Schönheit der Sprache und Bilder begeistert. Mag sein, dass die stimmungsvolle Geschichte mit zärtlichen, sehnsüchtigen und traurigen Worten erzählt wird. Mag sein, dass die Figuren so liebenswert wie schuldlos unglücklich dargestellt werden. Mag sein, dass das Buch die Liebe selbst, ihre Unmöglichkeit, die ihr auf den Fuße folgende Traurigkeit und Verzweiflung beschreibt.

„Die erstaunliche Geschichte von Max Tivoli“ hat alles. Sie beschreibt mit zärtlicher, liebevoller Sprache die traurige Lebensgeschichte eines liebenswerten, aber, wie er selbst sagt, monströsen Mannes. Max Tivoli hat bei seiner Geburt das Aussehen eines Greises, mit zunehmenden Lebensjahren verjüngt sich seine Erscheinung. Max´ Leben verläuft falsch herum. Er steht außerhalb der menschlichen Zeitordnung.
Fassungslos stehen die Eltern vor dem Rätsel, verstecken ihren greisenhaften Sohn. Als sie begreifen, was wirklich mit ihm vorgeht, schärfen sie ihn DIE Regel ein: „Sei, wofür sie dich halten!“ Nur drei Mal im Leben wird Max diese Regel brechen. Bei einem der seltenen Ausflüge in einen Vergnügungspark trifft er als Sechsjähriger den gleichaltrigen Hughie. Mit seiner Offenbarung gewinnt Max dessen Freundschaft, die das ganze Leben halten wird.

Vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen, in seiner unabänderlichen Fremdheit in der Welt, sucht er seiner Einsamkeit durch die Liebe zu entrinnen. Als innerlich Siebzehnjähriger verliebt er sich in Alice, die in ihm aber nur einen gesetzten ältlichen Gentleman sieht. Um Alice dennoch nahe sein zu können, lässt sich Max auf eine Affäre mit ihrer verwitweten Mutter ein. Zum zweiten Mal bricht er die Regel und versucht Alice seine wahre Identität zu enthüllen. Diesmal verliert er.

Nach jahrelanger Suche trifft er Alice wieder, gerade als er sich in der Phase befindet, in der sein inneres und äußeres Alter übereinstimmen. Weil sie ihn - natürlich - nicht wiedererkennt, umwirbt Max sie erneut. „Es war die Geisterstunde meines Lebens - die einzige Zeit, da ich genau das war, was ich zu sein schien -, und in dieser goldenen Stunde sprach Gott mir den heiß ersehnten Preis zu“, umschreibt Max den glücklichen Zufall ihres Wiedertreffens. Das Glück aber war dem Schicksal nur auf Zeit abgerungen, denn Max entwickelt sich weiter. Er wird zum Kind, unbemerkt von der Welt.

So unvorstellbar die Geschichte ist, der junge amerikanische Autor Andrew Sean Green, in seiner Heimat längst von Kollegen und Publikum gefeiert, erzählt sie glaubhaft. Er verdichtet in dieser phantastischen Fabel elementare Erfahrungen über die unterschiedlichen Ausprägungen der Liebe und die Facetten von Fremdheit und Ausgeliefertheit im Leben.

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