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von Juliane Cassedy

Thomas Mann: "Buddenbrooks"

Ich weiß, dass es eigentlich überflüssig ist, dieses Buch, das – nun ist es ja allgemein bekannt geworden – sowieso zu den Lieblingsbüchern der Deutschen zählt, vorzustellen.
Wenn ich es dennoch tue, so ist dies gemeint als Verbeugung vor dem großen Sprachgenie Thomas Mann, dem das unglaubliche Kunststück gelang, kaum 25 jährig diesen Roman zu schreiben und mit ihm sein Lesepublikum und die germanistische Fachwissenschaft gleichermaßen zu faszinieren.

Die "Buddenbrocks" handeln in erster Linie vom Leben des Geschwisterpaares Thomas und Antonie Buddenbrock, die beide sowohl gemeinsam als auch jeder für sich versuchen, den Glanz ihrer patrizischen Kaufmannsfamilie zu bewahren und zu erhöhen.
Antony scheitert früh, weil sie eine von den Eltern gewünschte Ehe mit einem Mann eingeht, der sich in Laufe der Geschichte als Betrüger entpuppt. Sie gibt nicht auf. Mit wachsender Würde – und Lächerlichkeit, trägt sie auf immer fatalere Weise zum Ansehensverlust der Familie bei.
Ihrem Bruder Thomas, dem die Beschränktheit und Kleinheit seiner bürgerlichen Verhältnisse bewusst wird, besaß, so schreibt Mann, "Geist genug, seinen Ehrgeiz, es im Kleinen zu Größe und Macht zu bringen, gleichzeitig zu belächeln und ernst zu nehmen." Er heiratet die kühle musikalisch hochbegabte Gerda Arnoldsen aus Amsterdam, wird zum Senator der Stadt Lübeck gewählt und lässt sich seiner neuen Stellung gemäß ein herrschaftliches neues Haus bauen. Thomas kann dies allerdings nur noch deuten als verspätete äußere Zeichen seines Erfolges und Glücks, während in Wahrheit der Abstieg schon begonnen hat. Auf dem Höhepunkt seines Erfolges als Repräsentant der Familie und als Chef des Kaufmannshauses Buddenbrock beginnt Thomas zu resignieren.
Die beiden anderen Geschwister Christian, der Clown und schließlich verzweifelte und enterbte Lebemann, und Clara, die spät geborene und früh verstorbene Schwester, stehen für die Gefahren des Künstlertums und der Religiosität.

Thomas Mann zeigt nicht nur den Niedergang einer einst glanzvollen Familie, sondern auch die Ablösung bürgerlicher Ideale wie Pflichterfüllung, Disziplin und Haltung durch neue Werte. Das Erbe des patrizischen Bürgertums übernimmt der kapitalistische Bourgeois, der durch die aufsteigende Familie Hagenström angedeutet wird.

Thomas Mann zeichnet in seiner über vier Generationen erzählten Geschichte die Figuren genau und mit viel ironisch-liebevoller Detailtreue. Obgleich der Roman ein kunstvoll durchkomponiertes Werk ist, wird er nie unglaubwürdig, künstlich oder gar langweilig. Trotz intensiver Beschäftigung in Schule und Studium gehören die "Buddenbrocks" noch immer zu meinen Lieblingsbüchern.

Thomas Mann

Buddenbrooks

S. Fischer Verlag, 758 Seiten, Sonderausgabe, EUR 14,-

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