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von Juliane Cassedy
Adam Thirlwell: "Strategie"
Ja, klar, ich denke, es war purer Zufall, dass ich so kurz hintereinander zwei Bücher gelesen habe, deren Klappentexte Sex versprachen.
Den Hinweis auf Sex – das letzte halbwegs wirkende Verkaufsargument, wir alle wissen es ja – musste ich nicht unbedingt ernst nehmen. Diesmal allerdings hielten beide Bücher ihr Klappentextversprechen. Sie stellen sich als zwei Bücher heraus, die unterschiedlicher nicht hätten sein können.
Der eine Roman handelt von sexueller Obsession, der andere von sexueller Depression. Zugegeben, in der Heldin des ersten Romans konnte ich mich selbst viel eher wiedererkennen, dennoch will ich Euch eher das zweite Buch vorstellen, vielleicht, weil hier die Darstellung der Protagonisten, ihrer Gefühle und Gedanken des zweiten Buches der gelebten Wirklichkeit viel näher kommt. Und weil es Mut macht.
Der Erfolg gibt dem jungen englischen, bis dato Noname Adam Thirlwell recht. Im englischsprachigen Raum schon längst ein Bestseller, übersetzt in 18 Sprachen, wurde sein Buch noch vor dem Erscheinen im deutschen Buchhandel hoch gelobt – zu recht!
Es geht also um Sex, besser gesagt, um die missglückenden Versuche zweier junger, beruflich erfolgreicher frisch verliebter Menschen – Mosche und Nana – in Zeiten von tatsächlich existierenden oder eingebildeten hohen Erwartungen eine für beide beglückende sexuelle Partnerschaft aufzubauen, tabulos möglichst, experimentell möglichst, exzentrisch möglichst. Offenheit und Wille, die Beziehung auf eine dritte Person, auf Anjali auszudehnen sind da, ob das Experiment gelingt, zu dritt glücklich zu werden ...
Als einzige weitere Person, die eine Rolle spielt, erscheint Nanas Vater, der ausschließlich als Papa, gerade als wäre dies sein Name, auftritt.
Obgleich mir handlungsreiche Geschichten besser gefallen, hat mich die Ehrlichkeit dieses Romans begeistert. In Person des Erzählers trat sie mir entgegen: Unausgesetzt wendet sich die Erzählerfigur mit Bemerkungen, Kommentaren und Hinweisen, sogar der Offenbarung seiner eigenen Schreibtechnik an mich und uns, seine Leser – spricht uns oft direkt an. Nie greift er in das Geschehen ein, bleibt distanziert und stellt sich als freundlicher Kommentator neben uns Leser – als Zuschauer seiner Geschichte. Alle, er und wir sind die Voyeristen dieser in vielen Sexszenen dargestellte Suche nach Erfüllung.
Damit gelingt Thirlwell ein außerordentlich hohes Maß an Authentizität – und Ehrlichkeit. Außerdem liest sich sein witzig eleganter Stil ganz vorzüglich.
Von dem anderen oben erwähnten ebenfalls sehr empfehlenswerten Roman kann ich Euch ja das nächste Mal einiges berichten!
Einverstanden!
 | Adam ThirlwellStrategieFischer Taschenbuchverlag, 256 Seiten, Taschenbuch, EUR 8,90 |
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